Ich habe von 1987 bis einige Jahre nach der Wende hier als Staplerfahrer und Lagerarbeiter gearbeitet. Ich war im Versand tätig, transportierte mit Elektrostapler oder Hubwagen die Paletten mit Endlospapier (2000 Blatt zu DDR-Zeiten im Folienpaket, später in Kartons) aus dem Drucksaal in den Versandsaal. Dort wurden die Touren a 10 Paletten für die LKW W50 zusammengestellt und von unseren etwa sechs Fahrern in Ost-Berlin und der DDR ausgeliefert. Für kleinere Aufträge stand ein Barkas B1000 mit Fahrer zur Verfügung.
Der Versand befand sich im vorderen Teil des Hauptgebäudes direkt an der Haupteinfahrt in der Fuststraße. An die Rampe konnten max. zwei W50 (oder einer mit Hänger) rückwärts rangieren und wurden dort direkt beladen. Sattelschlepper blieben direkt im Hof vor der Rampe stehen und wurden draußen mit bis zu 32 Paletten beladen. Gegenüber der Versandrampe befand sich eine Werkstatt.
Ein Teil des Versandes erfolgte auch über Kleincontainer der Deutschen Reichsbahn (sh. Symbolbild). Deren Befüllung war eine nicht sonderlich beliebte Arbeit. Mehr Spaß machte es schon, damit Zug zu spielen: Container verkoppeln und mit dem Stapler ziehen. Anders als mit dem Stapler ging das aber auch oft gar nicht, denn ein voller Container wog zwischen 600 und 1000 Kilo. Die Container wurden später mit dem LKW abgeholt.
Parallel zur in den 1980er Jahren erbauten Straßenbrücke Rummelsburger Str./Ecke Treskowallee befand sich das Papierlager. Da die Kapazitäten im Versand begrenzt waren, lagerten hier auch fertige Druckerzeugnisse. In der Mehrzahl wurden aber hier die Papierrollen aufgestapelt, die von den Staplerfahrern je nach Auftrag zu den Druckmaschinen gefahren wurden.
Das Papierlager stand parallel - durch eine überdachte Durchfahrt für LKW getrennt - zum Hauptgebäude mit dem Drucksaal. Bis zu meiner Entlassung war ich zuletzt für das Papierlager allein verantwortlich. Es wurde praktisch vom Versand mit übernommen, nachdem die dreischichtig arbeitenden Mitarbeiter des Papierlagers dem Stellenabbau nach der Wende zum Opfer fielen.
Zeitweise arbeitete ich auch als Abnehmer an den Druckmaschinen.
Oberhalb des Drucksaals befand sich der sogenannte Export - ein weiterer Drucksaal für spezielle Drucksachen in kleinerer Stückzahl. Von hier ging viel in das westliche Ausland, bevorzugt Schweden - alles zu DDR-Zeiten. Ein- bis zweimal im Monat mußte ich einen ausländischen Sattelschlepper mit diesen Druckerzeugnissen beladen.
Zu DDR-Zeiten hatte der Vordruck-Leitverlag über 300 Mitarbeiter. Einige davon standen allerdings nur proforma auf der Lohnliste, wie z.B. die Fußballer der BSG Rotation Berlin. Wenn Not am Mann war, mußten aber selbst die an den Druckmaschinen aushelfen oder andere Hilfsarbeiten erledigen.
Nach der Wende 1989/90 wurde die Belegschaft Schritt für Schritt abgebaut. Bevorzugt betraf dies die Verwaltung. Auch die Betriebskantine in der obersten Etage wich einem nur zeitweise geöffneten Imbiß.
Im Zuge der Einführung der Marktwirtschaft brachen viele frühere Abnehmer unserer Druckerzeugnisse weg. Größte Kunden waren danach die Sparkasse (Kontoauszüge auf Endlosrollen) und BVG und S-Bahn (Fahrscheine). Beim Fahrscheindruck wurde penibel darauf geachtet, daß im Altpapier wirklich nur Fehldrucke landeten, um niemanden in Versuchung zu führen. Ähnlich war es schon zuvor als die Stasi bei uns Drucksachen anfertigen ließ. Die lieferten das Papier und nahmen auch alles wieder mit - auch den Ausschuß. An den Maschinen stand immer eine Aufsichtsperson, die die Arbeiter nicht aus den Augen ließ.
Die Altpapierentsorgung erfolgte über einen Selbstpressebehälter der Firma Bartscherer. Dieser stand an der hinteren Toreinfahrt in der Rummelsburger Straße an einem kurzen Ende des Papierlagers. zu DDR-Zeiten erfolgte die Altpapierentsorgung über eine betriebseigene Presse, die im Hauptgebäude untergebracht war. Die Abnehmer an den Druckmaschinen warfen das Altpapier in kleine Wagen oder Gitterboxen, die dann zum Gang vor der Presse gebracht wurden. Ein Papierlager-Mitarbeiter befüllte dann die Presse. Die gepressten und mit Stahlseilen gesicherten Papierballen wurden draußen gelagert und später abgeholt.
Der Vordruck-Leitverlag nannte sich nach der Wende Varioform GmbH (wahrscheinlich auch mit "Computerpapiere" im Namen) und wurde (vor- oder nachher?) von der Treuhand abgewickelt.
Nach der Wende wurden nicht nur die Mitarbeiter abgebaut - als ich ging waren es wohl noch 30 bis 60 - sondern auch die Arbeitszeiten. So fiel z.B. wegen fehlender Aufträge auch die Nachtschicht irgendwann weg. Zu dieser Zeit gab es einen Großbrand im Hauptgebäude, dessen Ursache damals nie richtig bekannt wurde. Die gesamte Produktion war dadurch gefährdet, da der Drucksaal mit den Maschinen betroffen war. Schmauchspuren von dem Brand sind auf den Fotos oben noch vereinzelt zu sehen.
Wie es danach weiterging weiß ich nicht mehr genau. Der Firmenstandort wurde in die Sonnenallee nach Neukölln verlagert. Dort habe ich einmal nach meiner Entlassung die ehemaligen Kollegen besucht. Inzwischen heißt die Firma wohl wieder Vordruck-Leitverlag und hat ihren Standort in Hoppegarten. Geschäftsführer ist ein Wolfgang Stier, dessen Name mir noch von damals geläufig ist.
Noch kurz zum Maschinenpark: Die Druckmaschinen stammten schon zu DDR-Zeiten größtenteils aus westlicher Produktion. Daneben gab es aber auch ältere Druckmaschinen, wie eine die aussah, als ob sie den Zweiten Weltkrieg überstanden hätte. Sie lief aber noch tadellos und wurde für großformatiges Papier verwendet. Die Elektro-Klammerstapler im Papierlager waren alle von der westdeutschen Firma Jungheinrich. Die Herkunft der normalen E-Stapler ist mir nicht mehr bewußt. Sie waren allesamt kleiner als heutige E-Stapler.
Nach unserem Auszug, der Alteigentümer beanspruchte wohl das Gelände, sollte hier ein Baumarkt entstehen - wie oben schon steht. Als ich letztens dort mal wieder vorbeifuhr, waren sämtliche Gebäude der Druckerei abgerissen und aktuell ist dort wohl ein Parkplatz mit Drogeriemarkt. Auch nebenan die Geäude von Monsator stehen nicht mehr.