Tschernobyl: Kernkraftwerk

Auch unsere Parteigenossen haben die Katastrophe heruntergespielt, aber wahrscheinlich waren die Herren sich des Ausmaßes der Katastrophe gar nicht im klaren.
Nur wenige Monate später ging eine Schulklasse auf Abschlussfahrt in die "nähere" Umgebung, einige dieser jungen Menschen sind mittlerweile verstorben oder an Krebs erkrankt.
 
Ich habe 2011 in der Ukraine keine einzige Solarzelle, kein einziges Windrad gesehen.
Angeblich laufen noch 14 Reaktoren vergkleichbaren Typs in der Ukraine.
Die brauchen den Saft - wie alle Industrieländer. Nur ist das Land über Jahrzehnte seiner Souveränität kaputtgewirtschaftet worden - ein gefundenes Fressen für das transatlantische Globalisierungs- Pack.

Auch genau heute vor dreißig Jahren wurde ich übrigens aus der NVA in die Reserve versetzt (vulgo "entlassen"). In einen strahlende Zukunft.

FA
 
Das Verschweigen/Vertuschen von Katastrophen der (mehr oder weniger) "zivilen" Nutzung der Atomkraft ist keine Erfindung der Sowjetunion, wenn es dort auch am exzessivsten betrieben wurde (siehe "Majak", 1957: https://de.wikipedia.org/wiki/Kerntechnische_Anlage_Majak).
Auch im Westen gab es, z.B. im Fall "Windscale" totale Desinformation . TEPCO ist auch ein schönes Beispiel: hier kann die Katastrophe nicht mehr kleingeredet werden, aber die Folgen (und Kosten) werden verharmlost.
Und noch: Der ukrainische Präsident P. hat heute die weitere Nutzung der Atomenergie als unerläßlich für sein Land erklärt.

Richtig. Harrisburg war auch ne gefährliche Sache. Aber damals waren die Amis ja die guten. Und das AKW der Russen war modern. Und es kam ja wohl durch einen Bedienfehler zur Katastrophe. Kann auch heute jederzeit geschehen. Sicher es wurde viel verschwiegen, im Osten aber auch im Westen. Und über Herrn Poroschenko na da ist wohl jedes Wort überflüssig..
 
Es war - woe so oft - eine Verkettung verschiedener Faktoren. Es werden genannt:
- HavarieÜbung (Havarieschutz; "HS1" und "HS2" wurden auch im DDR- KKW trsainiert! Hing mit der damaligern militärischen Bedrohung zusammen)
- unerfahrenes Personal
- neue Wasser-Umwälzpumpe
- kontruktive Besonderheit des RBMK-1 (Graphitspitzen an den Regelstäben, die beim Einfahren in den Reaktor den Spaltneutronenfluß noch forcieren)

aus dem Munde von Ansässigen wurde der Reaktor "wie ein Samowar bedient"
Dort ist man noch heute der Meinung, dass der Unfall in erster Linie hausgemacht war. Was ihre weitere Affinität zur Kernkraft erklären könnte

vG, FA
 
Zu dieser Zeit studierte ich, Ingenieurstudium. Direkt danach glaubte auch ich an die Harmlosigkeit für unsere Staaten - und vermutlich habe ich das auch nachgeplappert.

Interessanterweise griffen mehrere Professoren das Thema auf, das Thema wurde mit dem damals verfügbaren Wissen nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen. Und dann klang das schon weit weniger harmlos.

Beispielsweise lernte ich:
* Das war kein Super-GAU, das war nicht einmal ein GAU. Der GAU ist das Durchschmelzen des Kerns bis auf ca. 800 Meter Tiefe. Das konnte durch den Bau des Notstollens verhindert werden.

* Der Auswurf ist nicht mit der Explosion einer Atombombe vergleichbar. Das Ergebnis ist ein anderes.

* Die Vokabel "Verseuchung" ist falsch, das kommt von Seuche: Viren, Bakterien - C-Waffe. Bei A-Waffe sowie Auswurf wäre "Aktivierung" korrekt.

Erst nach der Wende wurde (mir) klar, dass die DDR schnell begriff, wo das Problem war, es gibt mehrere gute Dokumentationen darüber: Transit-LKW wurden an den GÜSt dekontaminiert. Was man (also ich jedenfalls) der DDR schwer ankreiden muss: Sie sah das eigene Volk als Volk zweiter Klasse: Kontaminiertes Gemüse konnte nicht in den Export, also wurde es in der DDR verkauft.

Stehendes (und kritisch nachzufragendes) Wissen ist zudem: Die UdSSR habe skrupellos Wehrdienstleistende verheizt. Im Zuge der Aufarbeitung der Fukushima-Katastrophe wurde klar (sehr gute vergleichene Doku), dass das nur teilweise stimmt. Zwar hatten die ersten Handelnden wirklich kaum eine Chance. Für die wehrdienstleistenden Liquidatoren (die berühmten Bilder mit den auf dem Dach mit Schippe rennenden Soldaten!) stimmt das aber nicht:

Die Trümmerlast musste schnell von Dach. Der eingesetzte Roboter quittierte den Dienst sehr schnell, Elektronikausfall. Man hatte dann ausgerechnet, welche Dosisleistung noch verträglich sei. Die Soldaten hatten den damals verfügbaren Schutz: Atem, Bleischütze. Und rechnerisch war klar, wie lange man da sein darf um diese Dosisleistung zu bekommen, ich glaube 45 Sekunden. Das erklärt die Videoaufnahmen auf dem Dach: Zwei mit Schippe rennen los, schippen zweimla oder dreimal - und rennen zurück.Zweierteams, damit der eine den anderen notfalls sofort rausholen kann. Niemand von den Soldaten ging ein zweites Mal auf das Dach. Es gibt zudem (wohl) keine gehäuften Erkrankungen in dieser Gruppe.

Zwar ist ohne Frage, dass die UdSSR wenig zimperlich mit den Soldaten umging, wir alle kennen Beispiele ohne Ende. Erst mit Fukushima wurde klar, dass an dieser Stelle die UdSSR alles genau richtig machte. Viele aktuelle Dokus sind da leider sehr verkürzt.

Zur Sperrzone:
Es gibt Bereiche in denen die Strahlenbelastung nahe der Hintergrundstrahlung ist. Selbst in Pripjat gibt es derartige Bereiche. Es gibt überall in der Sperrzone aber auch heute noch Hotspots, Gebiete mit extrem erhöhter Strahlung.

Die Pflanzen- und Tierwelt entwickelte sich auch anders als erwartet: Es gibt weder Monsterschmetterlinge noch neue Arten. Mutationen sondert die Natur schnell als nicht lebensfähig aus. Bei Säugetieren gibt es teilweise Geschwüre, man kann das Krebs nennen.
 
Der Korrektheit halber: Transit-LKW wurden nicht dekontaminiert.
Transit-LKW waren per Definition Fahrzeuge, die die DDR im Transit durchfuhren, also die der VR Polen, der SU usw., die in Richtung BRD unterwegs waren, und zurück.
Dazu auch noch die Fahrzeuge im Verkehr von und nach Westberlin. Diese alle wurden nicht kontrolliert oder dekontaminiert.
DDR Fahrzeuge im Grenzüberschreitenden Verkehr wurden vor der Ausreise in die BRD auf Parkplätzen weit vor den 4 GÜSt. auf Einhaltung der Kontaminationsgrenzwerte in den ersten 2-3 Wochen nach dem Unglück, ich meine lückenlos, überprüft. Diese Überprüfungen fanden 24/7 durch Angehörige der BA in Zivil statt. So z.B. am Rasthof Börde Nord und vor Eisenach West. Insbesondere wurden Luftfilter, Kotflügelinnenseiten und Rahmen, auch Plane und Kofferaufbauten kontrolliert . Bei positivem Befund wurden die betroffenen Fahrzeuge zum nächstgelegen Kraftverkehr umgeleitet, wo dann zumeist gewaschen und nachkontrolliert wurde. Der erhöhte Bedarf an Luftfiltern wurde durch das Ministerium für Verkehrswesen, Haupverwaltung Kraftverkehr, sichergestellt. Ziel der Aktion war, sich keine Blöße wg. übermäßiger Kontamination und daran anschließender Zurückweisung durch bundesdeutsche Behörden zu geben. Merkwürdigerweise wurde bei der Einreise in die BRD nicht diesbezüglich kontrolliert, so daß die Kontrollintensität in der DDR dann nachließ. Auch in anderen westeuropäischen Staaten gab es keine derartigen LKW-Kontrollen.
In der SU (Belorussland) wurden demgegenüber alle ausländischen Fahrzeuge mindestens 3 Monate lang auf Kontamination vor Ausreise und auch unterwegs ( an Gai-Posten wie Kobrin und Borisow) kontrolliert, dabei nur äußerlich. Probleme wurden an Ort und Stelle mit einem Wasserstrahl gelöst. Das Personal war etwas merkwürdig gekleidet, weißer Kittel und weiße Mütze, wie beim SU-Arzt,
erinnert sich
Woelfi
 
Zitat: "Pripyat - Mehr als 30 Jahre nach der verheerenden Explosion im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl wird heute eine neue Schutzhülle für den 1986 zerstörten Reaktor übergeben. Zur Übergabe wird auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erwartet."

Quelle: https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/article159831066/Neue-Schutzhuelle-fuer-Atomruine-Tschernobyl-wird-uebergeben.html

http://www.tagesspiegel.de/politik/...-was-lernen-wir-aus-tschernobyl/14898896.html

BG
Andreas
 
die Jungs aus dem Forum dort gehen privat/inoffiziell in die Sperrzone? Und sind auch mehrere Tage dort? Und schlafen auf Matratzen die sich dauerhaft dort befinden? Ich bin sehr erschüttert!

Jedenfalls wirken die weiteren Beiträge in dem Forum so...
 
Moin zusammen!

Hab vor ein paar Wochen in Riga (zu einem Spottpreis) ein Buch erworben, das ich hier dringenst anpreisen möchte. Der Autor (Fabrikarbeiter und Photograf) wurde 1986 als lettischer Sowjetbürger als "Liquidator" in Tschernobyl "eingesetzt", und hat zunächst heimlich, dann mit offiziellem Auftrag beeindruckende Bilder von den Wochen nach der Katastrophe (die so genannten Aufräumarbeiten) gemacht. Er hat diese Monate in dem Buch auch sehr gut analysiert. Und eben nicht nur die Makro-Ebene dokumentiert, die in unseren Köpfen seither durch die Medien-Bilder verhaftet ist.

Hier eine Bewertung von einer geschätzten Photo-Bekannten: https://www.uer.ca/forum_showthread.asp?fid=1&threadid=119816

Das Buch ist in lettischer Sprache, mit englischer und russischer Übersetzung.

Ernests Repss: Chernobila 1986. Allein wegen der Bilder kaufenswert.
 
Da staunte ich vorgestern nicht schlecht, als ich einen deutschen Schriftzug las auf einem Foto auf Seite 23 des Buches, siehe Bildausschnitt.
Da war sie wieder, die berühmte Deutsch-Sowjetische Freundschaft :D
Google brachte dann tatsächlich Gewissheit.


Mit Bleiverkleidungen ausgestattete Autobetonpumpen waren in Tschernobyl im Einsatz...

Quelle: https://www.welt.de/vermischtes/gallery13027881/Putzmeister-pumpt-in-Fukushima.html


vier Autobetonpumpen mit Bleischutz, Videoüberwachung und Funkfernsteuerung

Quelle http://www.pmw.de/cps/rde/xchg/pm_online/hs.xsl/9394_DEU_HTML.htm

und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13517542.html


VG
Andreas
 
Starkes Video... aber ich verstehe auch nicht, wieso die Stadt nach 30 Jahren nicht von Vegetation überwuchert ist.

Das Logo am Ende ist das YouTube Avatar des Filmemachers. Einen Art Abspann mit Verweis auf den Urheber.
Aus den anderen Veröffentlichungen des Filmers ist für mich nicht erkennbar, was ihn speziell mit dem KL Dachau verbindet.

путцмеистер liest sich schon spannend, wobei wohl bei so großen Förderhöhen wahrscheinlich niemals andere Namen auf den Pumpen stehen.
 
Das Video scheint schon älter zu sein. Allein der Farbton, dann die Kamera, womit aus den Hubschrauber fotografiert wird, dann das Riesenrad. Das ist in jüngeren Dokus doch arg kaputt und der Zahn der Zeit hat daran genagt.
Was mich erschüttert, die kleinen Blitze in den Aufnahmen. Das zeugt, daß da noch sehr viel Radiaktivität vorhanden ist. Vielleicht wurde das Video kurz nach der Evakuierung aufgenommen.
 
Das Video scheint schon älter zu sein. Allein der Farbton, dann die Kamera, womit aus den Hubschrauber fotografiert wird, dann das Riesenrad. Das ist in jüngeren Dokus doch arg kaputt und der Zahn der Zeit hat daran genagt.
Was mich erschüttert, die kleinen Blitze in den Aufnahmen. Das zeugt, daß da noch sehr viel Radiaktivität vorhanden ist. Vielleicht wurde das Video kurz nach der Evakuierung aufgenommen.

Schließe mich Rosenheimer an. Für mich ein Video mit Bildern aus Ende 1986 oder 87. Die vor Ort eingesetzten Transport-Fahrzeuge zum Reaktor/direktem Reaktorumfeld waren wohl schon nach ein paar Fahrten übermäßig radioaktiv kontaminiert. Die wesentlichten Punkte sind benannt worden.
 
Wenn man das Video direkt via YouTube anschaut, sieht man die Detailangaben des Nutzers.
Ich ziehe meine Frage: "Warum nicht überwuchert?" zurück
filmdetails.JPG
 
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