Stettin - touristischer Hinweis erwünscht

martin2

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Ich war in jüngerer Zeit zweimal in Stettin, beide Male eher wie auf Durchreise: Es war dunkel. Und die eine Zwischenstation war eine Shopping-Mall. Man hat ja nicht auf alles Einfluss.

Aber in wenigen Tagen darf ich mal wieder nach Stettin, unter netter Aufsicht. ;-)

Was gibt es denn da Schönes zu sehen? Ich bitte um jede Menge Hinweise.

Die eine Grenzbedingung ist: Schloss, Markt und das Ufer finde ich selbst. Ich bin schon groß.
Die andere Grenzbedingung ist: Nichts mit "schmutzig machen" oder "nimm Taschenlampe mit" - ich bin in Begleitung.

Was wären denn die Tipps für "Urban"? Bitte jede Menge abseitige Tipps, ich bin ganz Ohr.

Nebenfrage: Mir sind da auf den Mittelstreifen der großen Zentrumsstraßen mehrfach "Einstiege in Keller" bei der letzten Durchfahrt in der Dunkelheit aufgefallen: Sind das Zugänge zu erhaltenen Spitterschutzgräben aus dem zweiten Weltkrieg oder was ist das?
 
Hallo Martin!

zuerst fällt mir die Bunkeranlage am Hauptbahnhof ein:

http://www.szczecin.eu/de/odwiedz_szczecin/warto_byc_i_zobaczyc/podziemne_trasy_szczecina.html

Der hiesige "Bunkerverein" soll inzwischen eine weitere Anlage am Hafen als Museumsobjekt betreiben.

Die Granits im Wald SO der Stadt sind Dir bekannt?

Der schöne Kristallsee ist nicht nur ein eher unbekannteres Ausflugsziel sondern wartet auch mit einem touristisch ausgebauten LS-Stollen auf. Pölitz ist Dir zuweit draußen?

Im Herbst plane ich eine Exkursion in und um Stettin. Details in Kürze.

BG
Martin
 
Martin, sehenswert und zu empfehlen die Bateria Hennigsen in der Nähe vom Hafen
 

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Vom Turm der Jakobikirche hat man einen prima Ausblick über Stadt und Hafen.
Zusammen mit anderen Sehenswürdigkeiten hier vertreten: http://visitpomerania.eu/staedte/stettin/sehenswuerdigkeiten/

Hunger & Durst? Dann hier hin: http://www.starakomenda.pl/de.html
Gleich schräg gegenüber vom Roten Rathaus.

Falls Dich Fußballstadien mit besonderer Architektur interessieren, mußt Du zum Florian-Krygier-Stadion. Hufeisenförmig halb in den Hang hineingebaut hat es nur eine Kurve mit Rängen, auf der Seite wo eigentlich die Gegenkurve wäre, geht man stattdessen ebenerdig raus. http://www.szczecin.eu/sites/default/files/images/stadion_pogon.jpg
 
Ich bedanke mich für die Tipps - und steuere einen kleinen, sehr kleinen Reisebericht bei. Zwar ist da kaum lost und hidden und noch weniger unterirdisch (ich hatte Rücksichten zu nehmen) - aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen, es ist für viele ja nicht direkt um die Ecke. Und wer das alles weiß, überliest es nett.

Zur Historie: Stettin und Swinemünde waren bis 1945 deutsche Städte, also so richtig deutsch. Da dort Kriegshäfen waren, haben alliierte Bomber dort alles in Schutt und Asche gelegt. In der ursprünglichen Idee der Grenzziehung Oder-Neiße wären beide Städte zur SBZ gekommen und später zur DDR - also theoretisch. Praktisch fand Stalin 1945, dass Polen dort Häfen benötigt.

Einschub: Meine Operationsbasis sind die Kaiserbäder auf Usedom.

Zum Heute - mit der Brille des Ostdeutschen, der die Entwicklung Ostdeutschlands über 25 Jahre kennt - sicher auch subjektiv: Ich fange mit Swinemünde an. Diese Stadt kenne ich seit ca. 1997, war dann regelmäßig etwa alle drei Jahre dort. Grundsätzlich ist Swinemünde gruselig, die Polen haben die Stadt nicht historisch aufgebaut sondern mehr oder minder schöne Neubauten hingepflastert. Auch der Bereich der Strandpormenade atmet deutlich sozialistisches Flair der üblen Sorte ... das muss ich für 2016 korrigieren: Dort ist nun die Bäderarchitektur angekommen. Und zwar auf hohem und vermutlich teurem Niveau. Wie übrigens die Idee, dass in Polen etwas billig sei - man mindestens mal bei Supermärkten streichen kann.

Zu den drei Forts Swinemünde: Ich kenne die beiden östlichen, die Engelsburg sieht ja wirklich traumhaft aus. Vor Jahren in privater Hand, aktuell im Winter geschlossen, zwei Autos davor. Rein optisch hat sich da nichts getan. Das Westfort (oben genannt) hat sich für meine Begriffe dramatisch geändert: Der Bewuchs ist komplett verschwunden, 50% der Anlage wiederhergestellt (der vordere Teil). Ein Schild hat die Europa-Flagge, vermutlich fließt EU-Geld. Und man nimmt neuerdings 2,50 Euro Eintritt, ich kann nur sagen: Recht so!

Am Ostfort bin ich mal wieder grandios gescheitert, dazu muss ich ausholen: Swinemünde hat keine Brücken, aber Fähren. Die Stadtfähre ist nur für Bewohner von Swinemünde, vermutlich hat da noch niemand bei der EU auf Gleichbehandlung geklagt. Die südliche Fähre ist außerhalb der Stadt, kostet lustigerweise kein Geld - dauert aber durchschnittlich sportliche 30 Minuten. Wenn es mal reicht. Auf dem Weg zum Ostfort war dann 1km Stau. Und mein Beifahrersitz fand, dass das nun übertrieben sei für so ein Fort ... ich offen gesagt auch. Woebi da eine grundsätzliche Frage zu stellen ist: Anders als der eine oder andere finde ich EU-Geld im Osten gut angelegt. Ich finde sogar, dass das noch zu wenig ist: Eigentlich braucht's in Swinemünde eine Brücke.

Aber nun zu Stettin: Vom Basislager 115km, zwei Stunden Fahrzeit. Zwei Stunden? Ja, genau diese Fähre ist schuld. Gna.

In Stettin war ich vorher zweimal, beide Male Dämmerung bzw. Nachts. Nun also am Tage. Folgendes sah ich dieses mal nicht, beim letzten Mal aber schon: An Straßen von den beiden Mega-Kreisverkehren sind offenbar Splitterschutzbauwerke in der Straßenmitte: Ich sah da mehrmals eindeutige Einstiegsbauwerke.

Das Thema Bahnhofsbunker ( 5 Etagen, größter Zivilschutzbunker Polens) war mir bekannt, die Zeit eher ungünstig: Man muss 1200 am Orte sein. Dann oder nie. Von einem zweiten Bauwerk (aber wohl auch bahnhofsnah!) las ich zudem. Ok, das fiel aus.

Das Schloss ist im Grunde ein Neubau. Da sind Kino und Oper und ein Narod-Mjuseum drin. Und vielleicht ein Bunker, zumindest gibt es eine Unteretage: Wenn man an der westlichen Seite hinunter zum Neumarkt geht, dann stellt man erstaunt fest, dass unterhalb des Platzniveaus kleine Fenster sind ... - Egal wie: Die Polen haben ein Schloss historisch neu aufgebaut, was im Grunde nicht zu ihrer Geschichte gehört. Und das muss man hoch anrechnen. - Eine wirklich historische Innenstadt fand ich nicht, der Bereich des Neumarkts ist eher ein Lacher. Die umliegenden Kirchen habe ich mir angesehen. Die St.Jakobus-Kirche ist ein absolutes Muss.

Hakenterrassen: Das kannte ich von Fotos. Boah - wie schön ist das denn? Das ist ja der Traum ansich, das hat manchen europäische Hauptstadt nicht. Direkt gegenüber auf der anderen Wasserseite sieht man ein Ensemble von Hafengebäuden aus kaiserlichen Zeiten. Und wer zu viel Geld hat: Im Askada-Center ist im Untergeschoss der Supermarkt ALMA. Alma ist mit deutschen Maßstäben nicht zu messen: Ein Delikatessen-Supermarkt. Und Preisniveau KdW.

Martin, die Stettin-Tour (mit den anderen Zielen) findet mein Interesse.
 
@martin2,

schön das Dir die Stadt trotz allem gut gefallen hat. Wir waren heute 14.02. wieder dort. Aber bloß durch, weil wir nach Police wollten. Ja die Kreiselverkehre lieben die Polen. In und um Stettin, sowie in Gorzow habe ich immer Schiss, wenn da noch die Straßenbahn mitmischt.. Nun zu Stettin selbst, wenn man daran denkt, dass die Stadt nach dem Krieg zu fast 70% zerstört wurden, haben die Polen das doch relativ gut hinbekommen.
Klar das Schloss der Pommernherzöge sieht im Sommer viel netter und belebter aus. Da kann man am Abend recht gut sitzen und gute Musik hören. Jazz und andere gute Musik. Die Hakenterrassen sind von der Architektur toll gemacht. Da ist auch ein schönes Museum. Ja mit dem Bahnhofsbunker ist blöd gelaufen. Man kann die Leutz auch anrufen, dann gibbet ne Führung auch ausserhalb der Öffnungszeiten..

Gruß Dirk
 
Ich halte insgesamt die Entwicklung in unseren östlichen Nachbarländern für spannend. Das mag ja jeder für sich halten wie er will: Ich persönlich freue mich darüber, dass es eine Angleichung (wirklich gleich wird ja nie) gibt: Mit extremen Unterschieden geht ja nie lange gut. Und ich persönlich finde auch, dass da EU-Gelder gut angelegt sind - und nun sieht man das auch optisch. Aber wie gesagt - das darf jeder sehen wie er will.

Die Kreisverkehre schocken mich nicht, ich bin zweimal diesen hier gefahren, da schockt anschließend nichts mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Magic_Roundabout_(Swindon) - Mir ging es eher darum, dass auf dem Grünstreifen mindestens zweier Straßen in der Nähe dieser Kreisverkehre Treppenzugänge in eine unklare Unterwelt sind; diese hatte ich bei einer vorherigen Fahrt im Dunklen gesehen. Leider weiß ich keine konkrete Koordinate, dahr der Hinweis auf die beiden großen Kreisverkehre.

Bzgl. des Bahnhofsbunkers denke ich eher an die von meinem Vornamensvetter angedeutete Tour, da würde ich mitfahren wollen.

Nochmal zu Stettin: Bis 1945 war das ja eine rein deutsche Großstadt. Und das Umland war unter anderem die Uckermark. Was nicht alle wissen: Unabhängig von der Bundesgrenze entsteht diese Struktur tendenziell neu: Die Mieten in Stettin sind so teuer, dass sich insbesondere junge Stettiner in der dünn besiedelten Uckermark ein altes Haus suchen und das neu aufbauen. Und auch umgekehrt orientiert sich dieses Umland wieder zu seiner Großstadt. Man muss sich nur mal das Einkaufszentrum Kaskada ansehen: Vergleichbares gibt es in der Uckermark nicht.

Ich versuche, mir da grad wieder Grenzkontrollen vorzustellen - oh jeh. Das würde lustig werden.

(Falls das ein zu starkes Statement war: Bitte löschen)
 
@martin2,

nee ich finde Deine Meinung sehr interessant. Bis vor 15 Jahren war Polen für mich Land was es eben so gab. Nun in den 15 Jahren finde ich einfach spannend was da alles so passiert. Ich habe mich dann ja auch mehr für die Geschichte begeistern können, die ja nun mit Deutschland untrennbar verbunden war oder ist. Man hat in der Zeit viele Freunde dort gewonnen, lernt damit Land und Leute besser kennen. Auch mit der Sprache klappt nun auch so langsam :) Es ist dort manchmal unkomplizierter als bei uns im regelwütigen Deutschland.. Außerdem als geborener DDR Bürger erinnert mich gerade vieles abseits der großen Städte an das damals. Im guten und im schlechten. Viele Freunde meinen wenn sie nach Polen fahren, dass dort die Menschen noch mit dem Panjewagen durch die Gegend zuckeln und reduzieren Polen mit Billig-Kippen, Autoklau und Schwarzarbeit. Ja Verbrecher gibt es hüben und drüben. Ich mag das Land, die Natur und das es dort eben noch soviel zu entdecken gibt, was bei uns schon der Abrissbirne zum Opfer gefallen wäre. So das mein Statement..

Gruß Dirk
 
Vor allem Natur, die Wälder dort sind besser Intakt als unsere. Gute und böse gibt es überall, daran sollte man nichts fest machen. mfg.kallepirna
 
Weiter offtopic: (gf bitte löschen)

nee ich finde Deine Meinung sehr interessant.
Ich bin offenbar ähnlich alt und ähnlich sozialisiert.

Ich weiß, dass meine fröhliche Neugier auf das Leben momentan eine absolute Minderheitsmeinung in Deutschland ist: Offenbar wurden wir von Kanaken überfallen, unsere Weiber werden serienweise vergewaltigt, genau genommen sind wir schon dreimal tot.

Ja, der Teil gehört dazu. Definitiv.
Nicht alles im Leben fühlt sich wie Gottes Himmelreich an. Aber ich bin nicht bei "hidden", weil ich das Leben so gruselig finde: Ich finde es spannend. Ich will mich darauf einlassen. Ich bin nicht tot.

Bis vor 15 Jahren war Polen für mich Land was es eben so gab.
Bei mir völlig anders, Bezug ist die Wendezeit. Nahe Schwedt lebt angeheiratete Verwandschaft. Diese aus Ostbrandenburg vertrieben. Ich sah eine schicke Grenzkontrolle mit 45 Minuten Wartezeit, einen Polenmarkt mit damals noch handgenähter Bekleidung für lau - und fand, dass das nicht ewig gut gehen könne. Und ich sah, dass sich dort exakt nichts bewegte: Die Angst, dass die Deutschen alles wieder wegnehmen könnten war noch da. Und Geld war noch keins da.

Nun in den 15 Jahren finde ich einfach spannend was da alles so passiert.
Der Knall war Schengen 2007 zu 2008. Ich hab noch den Unfug mit dem Zaun am Strand fotografiert, ja, Usedom, ja, direkt vor dem Schengenbeitritt. Direkt danach ging es aufwärts.

Außerdem als geborener DDR Bürger erinnert mich gerade vieles abseits der großen Städte an das damals.
Richtige Obstbaumalleen gibt es nur noch in Böhmen. Aber ich weiß, was Du meinst: Eine kleine Zeitreise in das ostdeutsche Jahr 1993.

Viele Freunde meinen wenn sie nach Polen fahren, dass dort die Menschen noch mit dem Panjewagen durch die Gegend zuckeln und reduzieren Polen mit Billig-Kippen, Autoklau und Schwarzarbeit.
Und dann siehst Du die Autos in Stettin. Ob die wirklich alle geklaut sind? <lacht>

Übrigens:
Vor einem Jahr war das Basislager eine Ferienwohnung bei Görlitz: Hirschberg und Reichenberg gucken. Herr Quartiermeister grinste und teilte mit: Die Autos werden auf der deutschen Seite geklaut - auf der tschechischen und polnischen Seite besteht kein Problem.

Eigentlich wollte ich nur sagen:
"Angst fressen Leute auf."

Freundliche Grüße
 
Vernünftige Sichtweise--hab irgendwie ein Déja-Vú zu meiner eigenen "Weltbildentwicklung"...
Ist komisch, daß vorwiegend wir Geschichtsinteressierten eine rationale und positive Einstellung zur polnischen Entwicklung haben.
In anderen Bekanntenkreisen schwingt immer noch das Klischee vom versoffenen Autodieb mit. Meistens Personen, die ihr Polen-Reisewissen aus einem Grenzmarkt-Besuch in den 90ern ziehen...
 
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