Neuthymen: Raketenbunker

Hallo miteinander,

ich gebe zu, dass ich nicht ganz auf dem neuesten Stand bin (u.a. war ich bisher bei keiner dieser Führungen dabei). Trotzdem würde ich gerne ein wenig entlang der Anlagen in Neuthymen bzw. Vogelsang weiterdiskutieren.

Man liest immer wieder, beide seien miteinander identisch. Bei genauerem Hinsehen stimmt das nicht ganz:

(1) Neuthymen hat einen ca. 100 Meter langen Raketenbunker sowie einen weiteren kleinen, den man gutwillig als KWEM-Lager ansprechen könnte (Bilder gibt's hier im Forum davon zur Genüge). Die Anlage könnte bereits um 1960 herum aufgegeben worden sein, d.h. eine Weiternutzung liegt nicht unbedingt auf der Hand.
(2) Vogelsang besitzt zwei Raketenbunker, kein eigenes KWEM-Lager (die beiden kleinen Bunker im Gelände zwischen den Raketenbunkern sind dafür zu klein). Außerdem wurde der östliche Raketenbunker offenbar umgebaut und in neuerer Zeit - möglicherweise bis in die 80er Jahre - als Kernwaffendepot benutzt - dafür sprechen das neue Wachgebäude und die weitläufige Rampenanlage, die an Lychen II oder Stolzenhain erinnert.

Viele Fragen: Ich nehme an, es waren schon Leute aus dem Forum in so einem Raketenbunker drinnen. Kann jemand erzählen, wie es dort ungefähr aussieht? Gibt es genauere Kenntnisse, welche Einheiten im südlichen Teil der Vogelsanger Kaserne stationiert waren (die üblichen Quellen haben hier lediglich eine PzDiv)? Und existieren irgendwelche Informationen über eine Weiternutzung des Depots?

Btw: Das führt natürlich zu der Frage, ob Lychen II und Stolzenhain nur für NVA-KWEM oder auch für NVA-KWEM bestimmt waren. Falls ersteres - wo waren dann die für die GSSD?

Grüße

K.
 
Anbei einige Impressionen des Areals um den Lagerbunker in Neuthymen.

BG
Martin
 

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Btw: Das führt natürlich zu der Frage, ob Lychen II und Stolzenhain nur für NVA-KWEM oder auch für NVA-KWEM bestimmt waren.

Vollzitat MAZ-Artikel hier im Forum

Eckart hat sich gründlich mit der Geschichte von „Lychen II“, wie das Depot offiziell heißt, beschäftigt. Nach seinen Recherchen beherbergten die beiden Bunker vor allem Kernwaffen für den V. Militärbezirk der Nationalen Volksarmee (NVA) im Norden der DDR.
...
* In Lychen II und in Stolzenhain hielt die Sowjetunion höchstwahrscheinlich nukleare Gefechtsköpfe für die Nationale Volksarmee (NVA) bereit.
...
Nach der Aussage russischer Zeitzeugen, die das Depot vor einigen Wochen besuchten, waren tatsächlich nicht alle davon für die NVA, sondern auch einige für die sowjetischen Streitkräfte in der DDR bestimmt.
 
Stefan,
ich finde es nicht besonders glücklich hier zu diesem Thema unkommentierte Zitate aus Postillen zu posten. Sorry.

Ich hatte u.a. vor Kurzem dazu Kontakt zu Einigen damit Vertrauten (und immer noch mit der Thematik Beschäftigten). Ich glaube schon, dass wir auf deren Wort hören sollten, wenn sie es denn für notwendig erachten, hier dazu einmal mit ihre Meinung kundzutun.

Grüße Frank
 
Ich hatte u.a. vor Kurzem dazu Kontakt zu Einigen damit Vertrauten (und immer noch mit der Thematik Beschäftigten). Ich glaube schon, dass wir auf deren Wort hören sollten, wenn sie es denn für notwendig erachten, hier dazu einmal mit ihre Meinung kundzutun.

Grüße Frank

Moin Frank,
hat sich da in den letzten Jahren informationsmäßig noch was ergeben, wenn ich fragen darf?

Gutgehn, Christian
 
Hallo Christian, du gräbst ja hier Sachen aus » noch der Sturm und Drangperiode des Forums zugehörig ;)

Es hat sich schon Einiges getan. Es stehen auch mehr Informationen in gedruckter Form dazu zur Verfügung. Die Leute haben sich ja nun nicht selbst geäussert – was sicherlich aus heutiger Sicht verständlich ist und damals in der Hoffnung etwas blauäugig war – auch von mir.

Die Skepsis bzgl. solcherart Artikel(n) - gerade in der MAZ - ist noch größer geworden. Mit einem Weiteren, später Gedruckten ‚Sensationsfund: Die Stasi observierte sowj. Atomwaffen (3/2013)‘, wurde sich umfassend auseinandergesetzt (nicht hier im Forum) und letztendlich konnte der Grundtenor des Artikels geradegerückt werden. Man kann auch etwas unfreundlicher sagen » wenn man die zugehörigen Dokumente kennt, hätte man den Artikel anders schreiben müssen. Dann hätte es wahrscheinlich aber Keinen mehr interessiert.

» hidden-places.de/Artikel-Die-Stasi-observierte-in-Brandenburg-sowjetische-Atomwaffen

Der zuvor von Stefan zitierte Artikel ist von Eckart / Uhl. Der verdient solche Kritik nicht, man muss halt differenzieren. Der Lagerbereich des Sonderwaffenlagers ist ja nun mittlerweile rückgebaut und der Rest verrammelt. Es gibt nun zB vom Historiker Volker Eckart ua auch eine interessante kostengünstige Broschüre dazu. Recht informativ und mit historischen Bildern versehen. Als Tipp gerade für Neueinsteiger in das Thema. Die beantwortet auch solche Fragen.

» hidden-places.de/Broschüre-Kernwaffenlager-Lychen-II

Die Broschüre ist leider vergriffen. Es gibt aktuell woanders nur überteuerte Restexemplare oder 2nd Hand.

Auch sind die Informationen auf
» www.heimatgalerie.de/gssdwgs/land/15-swl-lychen
dazu zu empfehlen. Umfassender wird man es kaum woanders finden.

Die eigentliche Frage – KW dort nur für die NVA oder auch GSSD – kann mE nicht belegt werden. Indizien sagen auch für die GSSD oder je nach Standpunkt auch für die NVA (was unbestritten ist).

Genaugenommen werden hier zwei Themen gemixt, siehe Beitrag #1. Auch @Büttner hat sich dazu gedruckt in 'Sowjetische Hinterlassenschaften in Bln und BB' geäussert

» hidden-places.de/Buch-Sowjetische-Hinterlassenschaften-in-Berlin-und-Brandenburg

Grüße Frank
 
Was hier so unter dem Titel "Raketenbunker" diskutiert wird...:grumpy:

Btw: Das führt natürlich zu der Frage, ob Lychen II und Stolzenhain nur für NVA-KWEM oder auch für NVA-KWEM bestimmt waren. Falls ersteres - wo waren dann die für die GSSD?

Folgende Fragen:

Wann wurde Stolzenhain gebaut?
Wieviele KWEM gab es denn zu dieser Zeit im Bereich des MB-III der NVA?
Kann es sein, dass sich das ganze Drama "Kernwaffenbevorratung" im Laufe der Jahre strukturell ein wenig gewandelt hat?
Kann es außerdem sein, dass sich auch die Einsatzgrundsätze für Kernwaffen in der Zeit seit Baubeginn für Lychen II und Stolzenhain ein bisschen verändert haben?
Kann es schließlich sein, dass sich auch die Nukleartechnik in der Zeit seit Baubeginn für Lychen II und Stolzenhain derart verändert hat, dass zuletzt insbesondere klimatische Aufbewahrungsbedingungen nicht mehr die dominierende Rolle spielten und somit Prachtbauten wie Lychen II und Stolzenhain eigentlich gar nicht mehr nötig waren?
Sind nur Fragen...
 
Hallo Kollegen,

hab das hier zufällig entdeckt und muss jetzt doch ein paar Sätze dazu sagen. Zunächst zu dem Ausgangsposting von 08/2006, dessen Autor damals weder die Bunker in Nt. und Vs. von innen gesehen noch Charles Tuten gelesen hatte:
(1) Was hier als "Raketenbunker" bezeichnet wird, ist tatsächlich ein Lager-/Wartungsbunker für nukleare Gefechtsköpfe (Uhl: Serie Nr. 20). Davon gab es insgesamt drei, wobei der westliche Bunker in Vs. später errichtet wurde. Die Träger lagen 58/59 in sehr langgestreckten, nicht erdüberdeckten Gebäuden mit drei Schiffen und Schleuse (Tuten: "Objekt 47"), beide sind inzwischen abgerissen.
(2) KWEM-Lager ist Quatsch. Der Autor verwendet in seiner Begeisterung den Begriff "Kernwaffeneinsatzmittel" missverständlicherweise für "Gefechtsköpfe". Aber das ist falsch. Tatsächlich ist der kleine Bunker 72 in Nt. vermutlich ein Gebäude Serie Nr. 21 (Uhl) für das "Scharfmachen der Gefechtsköpfe". In Vs. ist ein solcher Bunker nicht bekannt.
(3) Eine Weiternutzung liegt in Nt., wie wir inzwischen wissen, sehr wohl auf der Hand. So stammt die Rampe ziemlich sicher aus den 80er Jahren, als Nt. (solange Alt-Strelitz noch nicht fertig war) als Standort für zwei Abt. der 152 RBr diente und danach zumindest eine Weile für die zugehörige PRTB. Auch für Minibunker 72 gibt es mindestens drei verschiedene Nutzungen auf der Zeitschiene. Vermutlich sogar vier, wenn man die geplante R-12-Stationierung aus 61/62 dazurechnet.
(4) Die ganz kleinen Bunker (in Vs. zwischen den Lagerbunkern) auf dem Gelände spricht Uhl als "Typ 22" an für schwach radioaktive Abfälle; wir tippen eher auf Selbstzerstörungsmunition.
(5) In Vs. scheint nach den R-5M relativ schnell eine evtl. der 2. GdPzA unterstellte PRTB eingezogen zu sein; Rampenanlage und Spezbox mit 16 Garagen belegen ihre Existenz in den 80er Jahren. FPN gibt es auch irgendwo.
(6) Noch eine Anmerkung schon hier: Die MAZ ist keine "Postille". Und sachkundiger als Matthias Uhl und Volker Eckart (der kein "Historiker", sondern soweit ich weiß Chemiker ist) konnte sich 2010 niemand zu dem Thema äußern.

K.
 
Es folgt Teil 2. Beginnen wir auch hier mit den relativ harten Fakten:

(7) Was Lychen II angeht, verhält es sich m.W. genau umgekehrt: Der Lagerbereich des ehemaligen Sonderwaffendepots ist verrammelt, der Rest zurückgebaut.
(8) Statt der vergriffenen Broschüre gibt es inzwischen ein richtiges Buch von Volker Eckart und Uwe Feldmann zu dem Thema, das übrigens auch in der "Postille" MAZ sachkundig besprochen wurde.
(9) Das Thema "KW dort nur für die NVA oder auch GSSD" scheint mir komplex und nach wie vor nicht schlüssig beantwortet. Wie von @Nelson2110 vorgeschlagen, könnte dabei u.U. ein Blick auf die Zeitschiene helfen, ein Blick auf andere Staaten Osteuropas und auf die in L/St maximal vorhandenen Lagerkapazitäten in Relation zu den Kernwaffeneinsatzmitteln (jawohl!) der GSSD.
(10) Und jetzt noch eine Bemerkung in eigener Sache: Der gepostete Zeitungsartikel vom 08.10.2010 ist mitnichten ein unseriöser "Sensationsfund", wie hier behauptet. Ich bitte um Belege für diese These bzw. um Nachweise, was an/in diesem Text reißerisch bzw. falsch ist. Ein weiterer Artikel "Die Stasi observierte sowj. Atomwaffen" hat mit dem Thema Neuthymen oder Lychen II nicht wirklich etwas (also eigentlich gar nichts) zu tun. Aber bitte: Alle drei hier vorgebrachten Bewertungen sind m.E. falsch. Weder wurde der Text erschöpfend und sachorientiert debattiert, noch "konnte der Grundtenor geradegerückt werden", noch "hätte man den Artikel anders schreiben müssen, wenn man die zugehörigen Dokumente kennt" (Achtung: Das ist eine sehr weitreichende Tatsachenbehauptung, die belegt werden sollte!). Eher ist es so, dass in einem anderen Forum nach längerem Schweigen erneut Meinungen über den Text geäußert wurden. Sagen wir einmal so: Angesichts des dort vorherrschenden Untertons sah der Autor des Artikels keinen Grund, auf diese Postings zu reagieren. Muss er auch nicht.
(11) Und um jetzt auch meinerseits etwas "unfreundlich" zu werden: Ich finde es keinen guten Stil, Zeitungen generell als "Postillen" abzuqualifizieren bzw. hier irgendwelche in einem anderen Forum geäußerten (falschen) Unterstellungen, die man selbst nicht überprüfen kann, kritiklos zu übernehmen. Ein bisschen mehr Zurückhaltung und Neutralität fände ich angebracht.
Howgh!

K.
 
Hallo Kurtz,

zu (4), was ist Selbstzerstörungsmunition ?

zu (10), Zitat
dass in einem anderen Forum nach längerem Schweigen

Du selbst solltest doch wissen, wie lange eine Anforderung bei der BStU dauert + warten auf Kopie. In dem "anderen Forum" wurde doch mit Quellenverweisen und Zitaten viele Aussagen im Artikel wiederlegt und meine Fragen an dich vor über 2 Jahren, die du mir nicht beantworten konntest oder wolltest (Aufgabenstellung an die Mitarbeiter des MfS, Zweck der Messungen) wurden schlussendlich von Leuten beantwortet, die sich extra die Mühe gemacht haben, die Dokumente bei der BStU anzufordern, weil du den Inhalt dieser Dokumente, obwohl nach deiner Aussage auf deinem Schreibtisch liegend, nicht darlegen wolltest, Beispiel Zitat Artikel:

Die Aufklärer des Ministeriums für Staatssicherheit hatten einen getarnten Atomwaffentransport der sowjetischen Streitkräfte entdeckt.

Die Aussage ist, nur mal beispielhaft genannt, Falsch, die wussten vorher, was sie wann und wo messen wollten. Aber das hast du ja sicherlich schon selbst im "anderen Forum" gelesen. Es macht meiner Meinung nach aber auch wenig Sinn, Diskussionen von ein Forum in ein anderes zu tragen, weil viele User hier dort vermutlich garnicht mitlesen.

Skynet
 
Hallo,

ich glaube ich glaube der Zweck und Nutzung der Bunker wurde schon vor 2-3 Jahren im Vogelsang Thread auseinander genommen.

... meint Burk
 
Ups, ich bin mit dem Buchhinweis auch im falschen Thema gelandet... :sorrow:
Bei dem Buch geht es um Lychen.
 
ich glaube der Zweck und Nutzung der Bunker wurde schon vor 2-3 Jahren im Vogelsang Thread auseinander genommen.

Stimmt. Es ging hier auch nur um ein Update, bzw. ich wollte den wieder ans Tageslicht beförderten Quatsch von 2006 nicht unbesehen so stehen lassen. Auch mit Blick auf Spezialisten wie @Nelson 2110. :snowman: Außerdem ist die Debatte keineswegs beendet.
Noch zur Ergänzung / Korrektur: "Objekt 47" bzw. "Objekt 50" oder "Bunker 72" sind keine Typenbezeichnungen im engeren Sinn, sondern lediglich die Nummerierungen außen an den Bauwerken. Bei den Typen liegt Kollege Uhl (Krieg um Berlin?, München 2008, S. 96) wohl in Teilen falsch. Das "warhead ready building" in Nt. und Vs. scheint kein Typ 20 zu sein (wie Uhl meint), sondern eine Mischung aus "Сооружение №20 - хранилище головных частей" und "Сооружение №21 - сборочный зал". Damit wäre Bunkerchen 72 kein Typ 21, zumindest nicht in Reinform, obwohl es evtl. für Teilaufgaben zuständig war, die später in der sehr viel größeren Nr. 21 erledigt wurden. Das Problem hier liegt darin, dass Nt. & Vs. einen sehr früheren Stand der MRBM-Infrastruktur darstellen (wofür es im gesamten ehemals sowjetischen Raum nur wenige weitere Beispiele zu geben scheint). Hatten wir hier im Tervete-Thread schon mal.

zu (4), was ist Selbstzerstörungsmunition ?
Sprengsätze, um die heiklen "Produkte" rechtzeitig in die Luft zu jagen, falls ggf. der imperialistische Klassenfeind anrückt. Die entsprechenden zwei Bunkerchen sind so typisch, dass sie geradezu - neben anderen - als Erkennungszeichen für solche Depots herhalten können.

K.
 
Stimmt. Es ging hier auch nur um ein Update, bzw. ich wollte den wieder ans Tageslicht beförderten Quatsch von 2006 nicht unbesehen so stehen lassen. Auch mit Blick auf Spezialisten wie @Nelson 2110. :snowman: Außerdem ist die Debatte keineswegs beendet.
...
Das Problem hier liegt darin, dass Nt. & Vs. einen sehr früheren Stand der MRBM-Infrastruktur darstellen (wofür es im gesamten ehemals sowjetischen Raum nur wenige weitere Beispiele zu geben scheint). Hatten wir hier im Tervete-Thread schon mal.


K.

Moin Kurtz,

hier ein älteres Photo von Martin Trolle aus Neuthymen, das einen Vorbau am Bunker zeigt (siehe auch Bild #2 in Beitrag #2, dort weniger gut zu erkennen):

https://www.flickr.com/photos/martintrolle/3423797272/in/album-72157617428716375/

Ich denke: eventuell "Bastelgebäude", Deine Anmerkung zu Strukturen historisch früher Lagerorte teile ich gänzlich, in Vs. + Tervete sah/sieht es deutlich anders aus, Experimentirphase halt. Inzwischen mal vor Ort (NT) gewesen?

Gutgehn, Christian
 
Hallo Skynet,

In dem "anderen Forum" wurde doch mit Quellenverweisen und Zitaten viele Aussagen im Artikel wiederlegt und meine Fragen an dich vor über 2 Jahren, die du mir nicht beantworten konntest oder wolltest (Aufgabenstellung an die Mitarbeiter des MfS, Zweck der Messungen) wurden schlussendlich von Leuten beantwortet, die sich extra die Mühe gemacht haben, die Dokumente bei der BStU anzufordern, weil du den Inhalt dieser Dokumente, obwohl nach deiner Aussage auf deinem Schreibtisch liegend, nicht darlegen wolltest, Beispiel Zitat Artikel:

"Die Aufklärer des Ministeriums für Staatssicherheit hatten einen getarnten Atomwaffentransport der sowjetischen Streitkräfte entdeckt."

Die Aussage ist, nur mal beispielhaft genannt, Falsch, die wussten vorher, was sie wann und wo messen wollten. Aber das hast du ja sicherlich schon selbst im "anderen Forum" gelesen. Es macht meiner Meinung nach aber auch wenig Sinn, Diskussionen von ein Forum in ein anderes zu tragen, weil viele User hier dort vermutlich garnicht mitlesen.

das ist jetzt definitiv off topic, aber das wird das Forum schon aushalten (notfalls kann man den Text ja irgendwohin anders verschieben). Ich möchte hier nur drei Punkte erwähnen. Nein, halt, es sind vier: :fox:

(1) Vorsichtshalber habe ich den fraglichen Artikel "Der geheimnisvolle Atomzug von Eisenhüttenstadt" (MAZ 19.03.13) nach fast drei Jahren wieder einmal gelesen. Lustig geschrieben, faktenreich, ziemlich brisant, ist der erste unbefangene Eindruck :boxing:. Und alles richtig, nach wie vor. Mit zwei Ausnahmen: Der Ortsname "Wellnitz" ist falsch und muss "Wellmitz" heißen. Und die komplizierten Messgeräte wurden wohl nicht "im Gleisbett vergraben", das ist tatsächlich eine üble journalistische Übertreibung, sondern vermutlich neben den Gleisen aufgestellt. Sonst braucht es m.E. sehr viel bösen Willen, um die an sich klare Darstellung misszuverstehen.

(2) Die gesamte Pointe des Artikels besteht darin, dass die HA II des MfS zwar über Züge "mit erhöhten Sicherheitserfordernissen" der Sowjetarmee informiert war, nicht aber - und das ist das Wesentliche - über deren Inhalt. Diese Verknüpfung gelang erst anhand des Temp-S-Abtransportes und wurde durch die ra Messungen verifiziert. Erst daraus schloss das MfS auf den möglichen / wahrscheinlichen Inhalt ähnlicher Züge und machte sich prompt daran, dies (erstmals anhand des Zuges aus Altengrabow) zu überprüfen. Bingo, Hauptgewinn! Das rechtfertigt m.E. durchaus Formulierungen wie "observiert" und "... hatten einen getarnten Atomwaffentransport der sowjetischen Streitkräfte entdeckt". Getarnt war er nun allemal, wenn man einen Blick auf die schäbigen Güterwagen wirft, und "entdeckt" hatten sie ihn insofern, als bestimmte DE des MfS zwar die Fahrpläne solcher Züge - wie auch sehr vieler anderer M-Transporte - kannten, aber bisher nicht wussten, WAS es für Züge waren. Das wussten sie jetzt.

(Fortsetzung folgt)
 
Und alles richtig, nach wie vor. Mit zwei Ausnahmen: Der Ortsname "Wellnitz" ist falsch und muss "Wellmitz" heißen. Und die komplizierten Messgeräte wurden wohl nicht "im Gleisbett vergraben", das ist tatsächlich eine üble journalistische Übertreibung, sondern vermutlich neben den Gleisen aufgestellt.
Joseph,
das ist so leider nicht korrekt, bzw. nicht vollständig. Ein grober Fall von nicht "alles richtig, nach wie vor" ist die Bezeichnung der handelnden Einheit durch den Artikelautor als Zitat "Aufklärer" und "Kundschafter", sowie deren daraus vom Autor abgeleitete Möglichkeit, von nun an Zitat "die russischen Waffenbrüder ihrerseits auszuspionieren".

Richtig ist vielmehr, daß es sich bei der HA II des MfS um die Spionageabwehr handelte, das exakte Gegenteil von "Aufklärern".
https://de.wikipedia.org/wiki/Linie_II_des_MfS

Die gesamte Pointe des Artikels besteht darin, dass die HA II des MfS zwar über Züge "mit erhöhten Sicherheitserfordernissen" der Sowjetarmee informiert war, nicht aber - und das ist das Wesentliche - über deren Inhalt.
Wie erklärt sich dann die folgend ziterte Aufgabenstellung der im Artikel beschriebenen Messung?
Untersuchungsbericht vom 29.02.1988 meinte:
"Aufgabenstellung:
Am 18.02.1988 gegen 9.00 Uhr waren im Auftrag der Hauptabteilung II, Abteilung 4 an einer Bahnlinie im Bezirk Frankfurt/Oder spezifische Kernstrahlungsmessungen bezüglich des o.g. mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 km/h vorbeifahrenden Transportzuges zu machen.

Da es sich bei dem Zug der GSSD offensichtlich um einen Transport von Kerngefechtssprengköpfen bzw. Teilen davon handelte, sind folgende Fragen zu beantworten:

2.1. Welcher Art, wie hoch ist der Strahlungspegel und wie weit ist er durch den Gegner mit welchen Mitteln nachweisbar und zuordenbar?
2.2. Welcher Art sind Emissionen von Spaltprodukten aus diesem Kernmaterial, sind diese feststellbar und durch den Gegner zuordenbar?
2.3. Welche Aussagen können aus den Meßergebnissen gewmacht werden?
2.4. Treten auf dem Transportweg Gefährdungen für die Gesundheit der Bevölkerung auf?"

(Quelle: BStU, MfS HA II, 24232, 29.02.1988)

Bei der im Zitat erwähnten HA II/4, also der Einheit die hier konkret tätig war, handelt es sich um die Militärspionageabwehr. Zu deren Aufgaben bzw. Tätigkeit gehörte nicht, "den sowjetischen Waffenbrüdern hinterherzuspionieren". Allerdings war eine Aufgabe dieser Abteilung ausdrücklich die Absicherung der "Stationierung sowjetischer Kernwaffen in der DDR" (siehe Anhang, Quelle: BSTU, Anatomie der Staatssicherheit, Die Hauptabteilung II: Spionageabwehr).

Gruß M.
 

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Fortsetzung @Skynet:

(3) Offiziell lief diese ganze Aktion der HA II natürlich unter dem Etikett: „Was können gegnerische Dienste über solche Transporte in Erfahrung bringen?“ Das war gar nicht anders denkbar und wird auch von niemandem bestritten. (Festzuhalten bleibt hier aber das Ergebnis, dass sich Kern-GK in einem fahrenden Zug sehr wohl mit rel. geringem Aufwand anhand der ra Strahlung nachweisen und wohl auch spezifizieren lassen. Dies berührt den Komplex „Bedingt dienstbereit“ und wurde früher von gewissen Kreisen mit hämischen Worten bestritten.)
Der springende Punkt dabei ist jedoch, wie die „Spionageabwehr“ Ende der 1980er Jahre ausfranste, sich gleichsam verselbstständigt hat und unversehens plötzlich zu viel grundsätzlicheren Fragen führte. Wie etwa: Was transportieren die sowjetischen Freunde da eigentlich (in anscheinend undichten Behältern) quer durch unser Land? Bedeutet das nicht eine Gefahr für die Bevölkerung? So etwas wäre in früheren Jahren undenkbar gewesen. Diese gleichsam neue Rechercherichtung und das dahinterstehende Erkenntnisinteresse sind die zweite Pointe des Artikels.
Witzigerweise brachte ausgerechnet der liberale Kurs Gorbatschows die DDR auf Distanz. Das im Gegenzug neu erwachte nationale Selbstbewusstsein war treibende Kraft bei der ganzen „Sperrgebiete“-Diskussion (auch so eine Art „Ausspionieren“ der früheren Freunde), ist spürbar bei der Beschreibung der heruntergekommenen sowjetischen Garnisonen und nicht zuletzt bei der Positionierung zu Straftaten sowjetischer Armeeangehöriger, etwa der Vergewaltigung von DDR-Frauen. M.E. hat das der Kollege Müller-Enbergs sehr treffend zusammengefasst. Das deckt sich mit Eindrücken aus dem eigenen Aktenstudium und ich wüsste nicht, was es daran zu bemängeln gäbe.

(4) Noch eine persönliche Bemerkung: Wegen der „Leute, die sich extra die Mühe gemacht haben, die Dokumente bei BStU anzufordern“, muss ich fast weinen. Ich treffe diese „Leute“ ziemlich regelmäßig bei BStU und wenn sie einen Arsch in der Hose hätten und es ihnen tatsächlich um die „Wahrheit“ ginge (und nicht um pseudo-stalinistische Schauprozesse mit anschließender Scheinhinrichtung in dubioser Umgebung), hätten sie schon längst das direkte Gespräch gesucht.

Noch einmal: Howgh!
K.
 
Maus,

Danke.

Kurtz,

(1) Vorsichtshalber habe ich den fraglichen Artikel "Der geheimnisvolle Atomzug von Eisenhüttenstadt" (MAZ 19.03.13) nach fast drei Jahren wieder einmal gelesen. Lustig geschrieben, faktenreich, ziemlich brisant, ist der erste unbefangene Eindruck . Und alles richtig, nach wie vor. Mit zwei Ausnahmen: Der Ortsname "Wellnitz" ist falsch und muss "Wellmitz" heißen. Und die komplizierten Messgeräte wurden wohl nicht "im Gleisbett vergraben", das ist tatsächlich eine üble journalistische Übertreibung, sondern vermutlich neben den Gleisen aufgestellt. Sonst braucht es m.E. sehr viel bösen Willen, um die an sich klare Darstellung misszuverstehen.

Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, bei der Zeitung mit den 4 weissen Buchstaben auf rotem Grund kann ich auch nicht lachen, sondern nur den Kopf schütteln. Auch mutet es etwas seltsam an, wenn jemand sein eigenes Werk "unbefangen" rezensiert und für "richtig" befindet.

(2) Die gesamte Pointe des Artikels besteht darin, dass die HA II des MfS zwar über Züge "mit erhöhten Sicherheitserfordernissen" der Sowjetarmee informiert war, nicht aber - und das ist das Wesentliche - über deren Inhalt. Diese Verknüpfung gelang erst anhand des Temp-S-Abtransportes und wurde durch die ra Messungen verifiziert. Erst daraus schloss das MfS auf den möglichen / wahrscheinlichen Inhalt ähnlicher Züge und machte sich prompt daran, dies (erstmals anhand des Zuges aus Altengrabow) zu überprüfen. Bingo, Hauptgewinn! Das rechtfertigt m.E. durchaus Formulierungen wie "observiert" und "... hatten einen getarnten Atomwaffentransport der sowjetischen Streitkräfte entdeckt". Getarnt war er nun allemal, wenn man einen Blick auf die schäbigen Güterwagen wirft, und "entdeckt" hatten sie ihn insofern, als bestimmte DE des MfS zwar die Fahrpläne solcher Züge - wie auch sehr vieler anderer M-Transporte - kannten, aber bisher nicht wussten, WAS es für Züge waren. Das wussten sie jetzt.

Gibt es dazu Quellen?

(3) Offiziell lief diese ganze Aktion der HA II natürlich unter dem Etikett: „Was können gegnerische Dienste über solche Transporte in Erfahrung bringen?“ Das war gar nicht anders denkbar und wird auch von niemandem bestritten. (Festzuhalten bleibt hier aber das Ergebnis, dass sich Kern-GK in einem fahrenden Zug sehr wohl mit rel. geringem Aufwand anhand der ra Strahlung nachweisen und wohl auch spezifizieren lassen. Dies berührt den Komplex „Bedingt dienstbereit“ und wurde früher von gewissen Kreisen mit hämischen Worten bestritten.)
Der springende Punkt dabei ist jedoch, wie die „Spionageabwehr“ Ende der 1980er Jahre ausfranste, sich gleichsam verselbstständigt hat und unversehens plötzlich zu viel grundsätzlicheren Fragen führte. Wie etwa: Was transportieren die sowjetischen Freunde da eigentlich (in anscheinend undichten Behältern) quer durch unser Land? Bedeutet das nicht eine Gefahr für die Bevölkerung? So etwas wäre in früheren Jahren undenkbar gewesen. Diese gleichsam neue Rechercherichtung und das dahinterstehende Erkenntnisinteresse sind die zweite Pointe des Artikels.
Witzigerweise brachte ausgerechnet der liberale Kurs Gorbatschows die DDR auf Distanz. Das im Gegenzug neu erwachte nationale Selbstbewusstsein war treibende Kraft bei der ganzen „Sperrgebiete“-Diskussion (auch so eine Art „Ausspionieren“ der früheren Freunde), ist spürbar bei der Beschreibung der heruntergekommenen sowjetischen Garnisonen und nicht zuletzt bei der Positionierung zu Straftaten sowjetischer Armeeangehöriger, etwa der Vergewaltigung von DDR-Frauen. M.E. hat das der Kollege Müller-Enbergs sehr treffend zusammengefasst. Das deckt sich mit Eindrücken aus dem eigenen Aktenstudium und ich wüsste nicht, was es daran zu bemängeln gäbe.

Auch hier geben die Originaldokumente offenbar ( ich besitzte sie nicht) diesen Sachverhalt nicht her, undichte Behälter, genaue Identifizierung der GKe, offensichtlich liefern die Dokumente genau eben nicht diese Sachverhalte, wenn ich das richtig verstanden habe, auch hier wieder: Quelle?

(4) Noch eine persönliche Bemerkung: Wegen der „Leute, die sich extra die Mühe gemacht haben, die Dokumente bei BStU anzufordern“, muss ich fast weinen. Ich treffe diese „Leute“ ziemlich regelmäßig bei BStU und wenn sie einen Arsch in der Hose hätten und es ihnen tatsächlich um die „Wahrheit“ ginge (und nicht um pseudo-stalinistische Schauprozesse mit anschließender Scheinhinrichtung in dubioser Umgebung), hätten sie schon längst das direkte Gespräch gesucht.

Ok, ich bin ja auch ab und an mal bei der BStU zu Besuch, Namensschildchenpflicht ist mir dort nicht bekannt, mache dich doch einfach das nächste mal mir gegenüber bemerkbar, denn direkt ansprechen kann ich dich nicht, da ich nicht weis, wann du im Lesesaal sitzt und auch nicht weis, wie du aussiehst..... Dubiose Umgebung?

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