Auf der Suche in den "sozialen Medien" nach einem "alten" Freund, den ich 1983 in Bitterfeld kennen lernen durfte, bin ich auch über diesen kleinen Thread hier gestoßen und wurde mal wieder zu mehr angeregt als eigens geplant.
Aber fangen wir mal am Anfang an: Ich war Häftling 3575! Ja das durfte man nicht sagen, aber ich habe in meinen Augen nie eine Straftat begangen und wurde nur deswegen inhaftiert, weil ich mehr von der Welt sehen wollte, als es dem Bürger der DDR zugestanden wurde.
Nach der doch sehr einsamen "Untersuchungshaft" kam ich dann im September 83 nach Bitterfeld ins Haus 3 und wurde der Materialaufbereitung Bitterfeld (MAB) als Billiglohnkraft überlassen. Meine ersten Begegnungen waren Tommy, der Brigadier versetzte mich in einen Schockzustand! Tätowiert von oben bis unten und sein Spanner Dieter hatte wohl gar keinen Fleck mehr frei, wo noch ein "Bildchen" hätte hinpassen können. Dann gab es da noch 2 Andere, die nicht ganz so "bemalt" waren und ich dachte: "na das kann ja Heiter werden?"
Und das wurde es auch! Statt mich wie von Kresse gefordert immer daran zu ermahnen, das ich mich als "Strafgefangener" zu bezeichnen hätte, wenn ich angesprochen werde oder mich zu melden hatte, machten sich die ersten Beiden einen Jux daraus und machten mir eher noch Mut, als mich in die entsprechenden "Regeln" einzuweisen. Ich denke mal ,das dies wohl auch mit daran lag, das ich mir vom 1'sten Tag an nichts hab annehmen wollen und ich mein eigenen Weg gehen wollte. Wie gesagt! Ich habe ja nichts verbrochen. Im Frühjahr 84 hatte ich dann einen "Arbeitsunfall" auf der MAB
Mein 10Kilo Hammer, mit dem ich den Gussmantel von den Motoren befreien sollte, brach der Steil und Dummerweise bekam ich das dicke Ende dann auch noch aufs Kinn, woraufhin ich eine Platzwunde erlitt, welche bis auf die Zähne durchschlug. Nach mehreren Stunden ging es dann mal ins Krankenhaus, wo die Wunde genäht werden musste. Jeder Arzt, der das Heute sieht, schlägt die Hände über den Kopf zusammen und fragt, wer das verpfuscht hat! Aber Namen wurden ja damals nicht genannt
Nach diesem Unfall musste ich das Kommando nicht verlassen und blieb bis zu meiner Entlassung im April 84 auf der Station. Besagter Freund wurde einige Tage vor mir entlassen und ich war sehr erfreut darüber, das er sein Versprechen war gemacht hatte und mich am Tor abgeholt hatte. Wir hatten dann noch einige Zeit kontakt, bis sich dann unsere Wege trennten.
"Abgeschoben"; so wie erhofft; wurde ich nicht und ich bin auch weiterhin meinen eigenen Weg gegangen, egal welche Folgen dies hatte. Es waren keine schöne Zeiten und dennoch waren es Erfahrungen, welche mich meine bisherige Zeit immer begleitet haben; mich in vielen Dingen anders auf die Dinge hat schauen lassen! Ich bin seither nicht Leiser geworden und habe 89 lautstark mit dafür gestreitet, das wir; die Bürger; doch selber entscheiden sollten, wo und wie wir unser Leben aufbauen dürfen.
Nach der Wende bin ich dann hier geblieben, weil ich es viel wichtiger fand, unsere Heimat in eine bessere zu verwandeln und uns nicht von den nächsten Dummschwätzern einlullen zulassen. Leider kam dann vieles anders
Wir wurden verhökert und verramscht; ausgeraubt und verschaukelt, nur damit es wieder das eine Volk gibt! Wohin uns das geführt hat sehen wir auch nach 30 Jahren noch nicht!
Aber die Namen wie Tino; Tommy oder Dieter! Die sind geblieben und bleiben wohl auch solange wie es mich geben wird.
Ich danke Euch für diese Seite!
Hoffe und wünsche Euch, das Ihr die Zeit, von der hier berichtet wird, nicht nur als Niederschlag seht, sondern auch etwas positives abgewinnt.
LG Krasus oder wie ich immer so schön sagte: Häftling 3575 verabschiedet sich!
PS: Krasus war mein Spitzname, der mir damals von einem Schweriner, der auch mit bei MAB war, gegeben wurde.
Ach ja: Hab ich vergessen
Ich habe hier eine Mailadresse angegeben, welche beim Admin erfragt werden kann und ich würde mich sehr über Bilder freuen, welche die Haftanstalt abbilden
Danke!!